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Größter Angriff auf das Leben auf der Welt

Rosenheim/Stephanskirchen. Als »größten Angriff auf das Leben dieser Welt, den wir je erlebten« bezeichnete gestern der alternative Nobelpreisträger Percy Schmeiser das Ausbringen genmanipulierter Saat in die Natur. Der 77-jährige kanadische Landwirt sagte ferner vor mehr als 500 Menschen im überfüllten Antretter-Saal, dass eine Koexistenz zwischen gentechnikfreien und genmanipulierten Pflanzen nicht möglich sei.

Gentechnikfreie Produkte für Schmeiser
Schmeiser: Größter Angriff auf Leben
Schmeiser bekommt ein Presse-Echo

Rosenheim/Stephanskirchen. Als »größten Angriff auf das Leben dieser Welt, den wir je erlebten« bezeichnete gestern der alternative Nobelpreisträger Percy Schmeiser das Ausbringen genmanipulierter Saat in die Natur. Der 77-jährige kanadische Landwirt sagte ferner vor mehr als 500 Menschen im überfüllten Andretter-Saal, dass eine Koexistenz zwischen gentechnikfreien und genmanipulierten Pflanzen nicht möglich sei.

Niemand kann Wind kontrollieren


Das habe man in Kanada leider erfahren müssen. »Niemand kann den Wind kontrollieren«, so der Farmer, der über 50 Jahre hinweg auf natürlichem Wege Saatgut züchte und dessen Saatgut sich mit genmanipuliertem Pflanzen des amerikanischen Agro-Unternehmens »Monsanto« kreuzte. Dies hat Monsanto zugegeben und es folgte eine juristische Auseinandersetzung bis vor den höchsten kanadischen Gerichtshof in der Frage: »Wem gehören die Rechte an solchem Saatgut?«, denn damit sind bedeutende wirtschaftliche Folgen verbunden.

Man könne nicht verhindern, dass andere Pflanzen mit Eigenschaften der gentechnisch beeinflussten Pflanze durch Auskreuzen verseucht werden. Dies habe die komplette Verunreinigung des Rapses und Soja in Kanada gezeigt. Man könne die Auswirkungen in der Nahrungskette nicht kontrollieren. So machten sogenannte Terminator-Gene die Saat unfruchtbar. Dies sei mit einer großen für andere Pflanzen und letztlich auch höhere Lebewesen bis hin zum Menschen verbunden, die ebenfalls unfruchtbar würden. Die Terminator-Technologie verhindert das Keimen der Saat und damit die Möglichkeit für Bauern einen Teil der Saat im nächsten Jahr wieder auszusäen. »Damit zerstört man die Lebensgrundlage auf dieser Welt", sagte Schmeiser. Eine andere Gefahr liege in Betrüger-Genen. Sie wurden entwickelt, um vor allem bestimmte Schädlinge dadurch zu bekämpfen, dass die Pflanze permanent ein Gegenmittel produziert. Ungeklärt sei jedoch, die Auswirkung auf andere Lebewesen.

Staaten wehren sich gegen Import


Auch seien die versprochenen Vorteile wie höhere Erträge und sinkender Chemieeinsatz in Kanada nicht eingetreten. Aufgrund der negative Erfahrungen und Risiken gibt es in Kanada ein komplettes Importverbot für genmanipuliertes Saatgut. Die französische Regierung sperrt sich derzeit ebenfalls gegen die Einfuhr. Der Nationalrat Dr. Wolfang Pirklhuber sagte, Österreich könne zwar den Handel genmanipulierter Futtermittel aufgrund EU-Rechts nicht verhindern, wohl aber den Import und Anbau von solchem Saatgut.

Schmeiser kritisierte den weltweit tätigen amerikanischen Konzern für Agro-Gen- und Biotechnologie »Monsanto« (St. Louis, Missouri): »Es kann nicht sein, dass eine Hand voll Agro-Gentechnik-Konzerne alles regieren«. Seine Großeltern seien nach Kanada ausgewandert der Freiheit wegen. Monsanto unternehme hingegen alles, um Bauern weltweit eben die Freiheit zu nehmen und zu knechten. Das Beispiel Kanada habe gezeigt, dass der Zusammenhang »steigende Erträge und sinkender Chemikalien-Einsatz« aufgrund des Einsatzes von Gentechnik-Pflanzen nicht stimmt. Auch könne es kein Patent auf Leben geben. Percy Schmeiser beendete seine Rede mit den Worten »God bless you« und hoffte, dass es doch noch möglich sei, »zurückzuholen, was ausgesetzt wurde«.

Engagiert kämpft die vor zwei Jahren gegründete »Aktionsgruppe Zivilcourage - Freie Bauern und Bürger« für eine gentechnikfreie Region. Der Zivilcourage-Initiator und Bauer in Söchtenau, Christoph Fischer, machte deutlich, dass Genmanipulation nicht mehr nur ein Thema für Ackerbauern, sondern auch für Milchwirtschaft und Rinderzucht sei. Um Rosenheim, Traunstein, Ebersberg gentechnikfrei zu halten, brauche es einen breiten Schulterschluss in der Bevölkerung.

Hiervon sprach auch der österreichische Nationalrat Dr. Wolfang Pirklhuber, der für die Grünen im Wiener Parlament sitzt. Er stellte die europäischen Zusammenhänge dar und forderte die »Region Bayern« auf, gemeinsam mit Oberösterreich und der italienischen Provinz Südtirol für Gentechnik-Freiheit einzutreten.

Die Situation in Südtirol, auch im Zusammenspiel mit den anderen italienischen Regionen, erläuterte Dr. Markus Joost, der die autonome Provinz Südtirol vertritt und Leiter des Landwirtschaftsamts Vintschgau. Er stellte Lage und Strategie südtiroler Bauern dar, die eine eigene Qualitätsmarke entwickelten, eine überaus große Heimatverbundenheit hätten und sich zu einem sehr hohen Maß genossenschaftlich organisierten.

Josef Bodmaier vom Bayerischen Kreis-Bauernverband Rosenheim wertete in seiner Begrüßung die große Resonanz der Veranstaltung als großen Erfolg. Der jüngst vor kurzem ins Amt gewählte parteilose Biobauer aus Tuntenhausen kommentierte schlicht: »Wir haben die Werbetrommel gerührt und der Zug ist richtig in Fahrt gekommen«. Weil Bauern nur noch zwei Prozent der Bevölkerung stellten, brauche jetzt viele Verbündete.


Hinweise der Redaktion:

Was hat der Chiemgauer mit Zivilcourage zu tun?

  • Der Chiemgauer e. V. ist Unterstützerinitiative der Aktion Zivilcourage gegen Agro-Gentechnik.
  • Die Aktion »Zivilcourage« kann als 3%-Projekt gefördert werden. Die Mittel werden zur Bildungsarbeit zum Thema Gentechnik in der Region Chiemgau verwendet.
  • Zum Thema Genfood hat Genfood hat Bertram Verhaag und Gabriele Kröber einen Film gedreht. In dem Film kommt neben Percy Schmeiser auch eine indische alternative Nobelpreisträgerin zu Wort.