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Feuerbestattung Südostbayern betreibt ihre Anlagen jetzt klimaneutral

Bundesweiter Vorreiter: Feuerbestattung Südostbayern betreibt ihre Anlagen in Traunstein jetzt nahezu klimaneutral. Und kooperiert mit unserem Verein Klimabonus, dem Projekt vom Chiemgauer.

Mit einer Urkunde bekräftigten Christian Gelleri und Sabine Wiendl vom Verein Klimabonus in Traunstein zusammen mit EHG-Geschäftsführer Paul Engmann (2. von links) die Kooperation mit der Feuerbestattung Südostbayern (FBSO) zur Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase. Rechts zu sehen sind Ludger Bottermann und Johanna Goder vom Institut für nachhaltige Energieversorgung GmbH in Rosenheim, das das Klimaschutzprojekt der FBSO wissenschaftlich überwacht hat.
Foto: (c) Axel Effner

Im Zeichen des Klimaschutzes hat sich die Feuerbestattung Südostbayern (FBSO) ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Das Traunsteiner Unternehmen ist nach Abschluss einer 22-monatigen Projektphase das erste Krematorium in Deutschland, das im Anlagenbetrieb nahezu CO2-neutral wirtschaftet. Mit welchen konkreten Maßnahmen dies erreicht werden konnte, stellten die beiden Geschäftsführer Thomas und sein Sohn Paul Engmann von der EHG Dienstleistung GmbH zusammen mit Experten bei einem Pressetermin vor.

Pro Jahr fallen bei der FBSO im Durchschnitt 8.000 Kremationen an. Das Unternehmen arbeitet dabei mit Bestattern im Umkreis von rund 150 Kilometern zusammen. Die Einäscherungen sind sehr energieintensiv: Die beiden Ofenlinien in Traunstein müssen dafür auf über 1.000 Grad erhitzt werden. Durch ein Bündel von Maßnahmen konnte der in Deutschland pro Kremation anfallende CO2-Ausstoß von durchschnittlich 67 Kilogramm bei der FBSO auf knapp drei Kilogramm gedrückt werden. Dass dies ein wichtiger Schritt ist, macht eine andere Zahl deutlich: Insgesamt erzeugen die bundesweit knapp 170 Feuerbestattungsanlagen – die Hälfte davon in kommunaler Hand - aktuell pro Jahr zwischen 100.000 und 250.000 Tonnen CO2.

Klimaschutz ist auch bei Kunden gefragt

Wie Thomas Engmann betonte, will die FBSO mit ihrem klimaneutralen Betrieb bundesweit einen Impuls setzen. Denn obwohl der Klimaschutz insgesamt immer mehr an Bedeutung gewinnt, sei der klimaneutrale Betrieb von Feuerbestattungsanlagen bisher in den wenigsten Fällen Bestandteil der Bestattungsphilosophie. Umgekehrt würden sich immer mehr Kunden für eine klimaneutrale Bestattung interessieren. Dies belege die Nachfrage bei den mit der FBSO kooperierenden Bestattungsunternehmen.

Für die Umsetzung der Maßnahmen hat die FBSO alles auf den Prüfstand gestellt. „Von der Energieversorgung über den Fuhrpark bis hin zu den Arbeitsprozessen haben wir alles durchleuchtet“, erklärte Paul Engmann. Ergänzend hat das Institut für nachhaltige Energieversorgung (INEV) aus Rosenheim die Optimierung der Prozesse und Einsparpotentiale wissenschaftlich überwacht.

Umfangreiches Paket an Maßnahmen

Bereits seit vielen Jahren werden die beiden Ofenlinien energieoptimiert betrieben. So wird die Abwärme zur Beheizung der Betriebsgebäude, des Wasserkreislaufs und der Friedhofsgebäude genutzt. Im Rahmen des „Projekts 2023“ wurde das Energiekonzept weiter optimiert, so dass die beiden Ofenlinien jetzt ausschließlich mit nichtfossilem Bio-Methan als Ersatz für Erdgas betrieben werden.

Aus der restlichen Abwärme will man über eine für 2024 geplante ORC-Anlage (Organic Rankine Cycle) zusätzlich Strom gewinnen. Bereits jetzt versorgt eine neue Photovoltaikanlage auf dem Dach die FBSO mit 35.000 kWh Strom für den Eigenbedarf. Die zusätzlich erforderliche Energie bezieht das Unternehmen von den Stadtwerken Traunstein als grünen Strom aus Wasserkraftwerken im Alpenraum. Auch der Fuhrpark wurde elektrifiziert.

Glaubwürdigkeit bei Ausgleichsprojekten

Allein im Bereich der Öfen und der Kühltechnik konnte die FBSO ihre Emissionen so zwischen 2020 und 2022 von 118 auf 22 Tonnen CO2 senken. Lediglich bei der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette, etwa durch An- und Abtransporte von Fremdfirmen, habe man wenig Einfluss, erläutert Thomas Engmann. „Zumindest den einen oder anderen Bestatter konnten wir überzeugen, auf elektrische Leichenwagen umzustellen“. Insgesamt bleiben so 145 Tonnen CO2 pro Jahr übrig. Dies kompensiere das Unternehmen durch regionale und internationale Klimaschutzprojekte. So kooperiere und kompensiere man regional mit dem Verein Klimabonus in Traunstein, der mit der Fondseinlage die Installation von Balkonkraftwerken und umweltfreundliches Carsharing im Chiemgau fördert. Auf internationaler Ebene arbeitet die EHG mit Projekten der anerkannten Organisation „The Gold-Standard“ zusammen. „Bei der CO2-Kompensation waren uns Glaubwürdigkeit, Transparenz und Zuverlässigkeit der Projektpartner wichtig“, sagt Paul Engmann.

Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen für den klimaneutralen Betrieb der Feuerbestattungsanlagen wollen die beiden Geschäftsführer allerdings nicht für sich behalten. „Wir planen bereits die nächsten Projekte, um anderen Anlagenbetreibern auf ihrem Weg in die Klimaneutralität zu helfen“, sagt Thomas Engmann.

Bundesweit liegt die Einäscherungsquote bei Begräbnissen aktuell bei 75 Prozent, in den neuen Bundesländern sogar bei 90 Prozent. In Bayern könnte der Anteil an Urnenbegräbnissen laut Prognosen von aktuell 63 bis 2030 auf 70 Prozent steigen.