Eine Erfolgsstory – auch für die Waldorfschule
Prien. »Wer kennt den CHIEMGAUER nicht?«, fragte Christian Gelleri, ehemaliger Wirtschaftslehrer, bei seinem morgendlichen Jubiläumsbesuch an seiner alten Wirkungsstätte, der Freien Waldorfschule Chiemgau. Und freute sich, dass sich kein einziger Schüler meldete. 30. Januar 2013: der CHIEMGAUER, die Regionalwährung, die längst auch international Karriere macht, feierte Geburtstag. Auf den Tag 10 Jahre war es her, dass die Geldgutscheine der gerade neu gegründeten Schülerfirma zum ersten Mal in Umlauf gingen.
Ein Grund zum Feiern – alle Mitglieder des Vereines, Freunde und Förderer und die Schulgemeinschaft waren in die Waldorfschule nach Prien zu einer gemütlichen abendlichen Feierstunde eingeladen, wo der Siegeszug des CHIEGMAUER einst begann.
»Ich bin viel unterwegs«
Für das musikalische Rahmenprogramm sorgten die beiden Sängerinnen Anja Schwarze-Janka und Katharina Gruber-Trenker. »Ich bin viel in Deutschland unterwegs, und wo ich hinkomme, werde ich auf unseren Chiemgauer angesprochen«, erzählte Klaus Pasedag, Lehrer an der Schule, in seiner Gratulationsansprache. Er gehörte zu den ersten Unterstützern der Schülerfirma, der Unternehmer im Ort anwarb, mitzumachen.
Heute sind es sage und schreibe 630 Firmen und Dienstleister, bei denen der Umsatz über die Regionalwährung bestens funktioniert. Mehr als 3000 Mitglieder zählt der Chiemgauer e.V. inzwischen. So bleibt das Geld in der Region, fördert kurze Transportwege und Arbeitsplätze vor Ort, bleibt in einem raschen Kreislauf und mit den Prozenten von Umtausch und Verbrauch werden obendrein gemeinnützige Projekte unterstützt. Allein die Waldorfschule Chiemgau erhielt dadurch bis heute über 20.000 Euro. 625.000 Chiemgauer waren im vergangenen Jahr im Umlauf und erzeugten einen Umsatz von 6,5 Millionen Chiemgauer. »Anfangs tauschten die Geschäfte 100 Prozent ihrer Chiemgauer in Euro zurück. Heute ist bereits ein so großes Netzwerk entstanden, dass nur noch rund ein Viertel zurück getauscht wird«, berichtete Christian Gelleri.
Wir wollten etwas Sinnvolles machen
»Wir wollten eine Schülerfirma gründen, die etwas Sinnvolles, Nachhaltiges macht und auch noch unsere Schule und andere unterstützt«, erzählte Theresa Landstorfer, eine Schülerin der ersten Stunde. Die Schüler tüftelten Sicherheitszeichen aus, schnibbelten die Geldgutscheine, bastelten am Umlaufsystem und entwarfen das Logo, das bis heute den Auftritt des CHIEGMAUER prägt. Anfangs wurden die Scheine mit der Post an die Abonnenten verschickt. »Dann sind wir durch Prien gezogen und haben sie bei den Geschäften wieder eingesammelt«, erinnerte sich Lukas Hertkorn schmunzelnd. Er gehörte zur zweiten Schülergeneration und stieß in der achten Klasse dazu. Heute macht er eine Lehre als Bankkaufmann, seine Sparkasse wurde inzwischen Ausgabestelle für den Chiemgauer. Miriam Fochler, ebenfalls Mitgründerin der Regionalgeld-Schülerfirma, studierte nach ihrem Abitur an der Waldorfschule Wirtschaftswissenschaften.
Nicht mehr aus der Region wegzudenken
Inzwischen ist der Chiemgauer aus unserer Region nicht mehr wegzudenken. In Prien, Rosenheim und Traunstein gibt es Regionalbüros, mit der Gründung der REGIOS eG wurde eine Genossenschaft im Hintergrund des regionalen Geldverkehrs gegründet, die inzwischen auch Mikrokredite in Zusammenarbeit mit dem Mikrokreditfonds der Bundesregierung vergibt.
Die Feier zum 10-jährigen Geburtstag war der Auftakt ins Jubiläumsjahr. Mit dem 5. Regionalgeldkongress, der zum ersten Mal in Traunstein stattfindet, soll vom 3. bis 5. Mai ein glanzvoller Höhepunkt gesetzt werden. »Noch ist es nicht selbstverständlich, dass alle Menschen in unserer Region den Chiemgauer benutzen«, sagte Christophe Levannier, der Leiter des Regionalbüros Traunstein. »Es ist an uns, diese Idee selbstbewusst weiter zu geben.«